CLARA SAUER
Die Tickets für das Private Viewing sind schon lange vergeben. Wer dennoch dabei sein möchte, hat hier die Chance, bis Mittwoch noch zwei der begehrten Karten zu gewinnen und einzutauchen in den leuchtenden Irrgarten aus 400 Regenschirmen der Connor Brothers in Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstler Sven Sauer.
Schreiben Sie bis Mittwoch, 24. Mai 2017, 9 Uhr, in die Kommentarfunktion, warum Sie gern bei der Private Viewing dabei sein möchten und gewinnen Sie zwei Tickets*.
400 Regenschirme werden zu einer raumfüllenden Installation in dem alten Industriedenkmal, durch die sich der Besucher bewegt. Nach jeder Biegung dieses Irrgartens erhält man neue Einblicke in die Welten der Künstler.
Feuilletonscout sprach mit den Kuratorinnen der Ausstellung, Clara Cremer und Verena Schneider.
Feuilletonscout: Die Ausstellung in der Willner Brauerei ist ein Projekt von The Dark Rooms. Was sind The Dark Rooms und welches Konzept steht dahinter?
Clara Cremer: Tatsächlich ist die Ausstellung Labyrinth of Lies kein Projekt von The Dark Rooms, sondern ist eine eigene Ausstellungsreihe mit dem Titel PlusOne, initiiert von Verena Schneider (Venet Haus), die auf mich (Kuratorin, The Dark Rooms) zukam, um die erste Episode im ähnlich großen Stil wie The Dark Rooms in Berlin umzusetzen. Es ist also eine Kooperation zweier Kuratorinnen (Ulm + Berlin), die ähnliche Herangehensweisen bezüglich der Präsentation von Kunst teilen.
The Dark Rooms war die Idee, Kunstwerke in kompletter Dunkelheit zu präsentieren, um dem Besucher wieder auf das Werk auszurichten und sich selbst dabei zu vergessen. Wenn nur die Kunstwerke beleuchtet sind, erfährt der Besucher die Werke nicht nur ganz neu und anders als im herkömmlichen White Cube System, sondern ist dabei auch unsichtbar, muss sich nicht mehr selbst darstellen und darf sich so viel Zeit, Abstand und Ruhe nehmen, wie er will, um die Werke wahrzunehmen.
Labyrinth of Lies ist ein Konzept, welches den Zuschauer in einer ähnlichen und doch wieder ganz anderen Weise an die Werke, der nun zwei Künstler The Connor Brothers (London) und Sven Sauer (Berlin) heran führt. Der Besucher entdeckt die Werke in einem bunten Labyrinth aus 400 Regenschirmen, welches sich thematisch in seiner sinnbildlichen Übertragung den Werken beider Künstler angliedern.
Verena Schneider: Das Projekt Plusone ist ganz unabhängig von The Dark Rooms entstanden, wobei vorhandene Synergien optimal genutzt und kombiniert werden können.
Ich denke Kunst ist eine wesentliche Ausdrucksform für Gefühle und Gedanken, welche den Menschen bewegen. Kunst MUSS deshalb erlebt und vor allem erlebbar gemacht werden – es ist all das, worin der Künstler ein Stück von sich selbst gegeben hat. Es ist immer Ausdruck einer expressiven Schaffenskraft und des Bedürfnisses, sich mitzuteilen. Berlin als Kunstmetropole und Hauptstadt auch im kreativen Sinne bietet die ideale Bühne für Plus1.
Ich wollte eine Plattform erschaffen, in der zum einen die Wahrnehmung von Kunst verändert wird und zum anderen interaktiv mit anderen Künstlern zusammengearbeitet werden kann. Kooperationen mit anderen Kuratoren, Künstlern oder Galerien halte ich für ausgesprochen zeitgeistig und zielführend.
Das Ziel ist die Zusammenarbeit unterschiedlicher Künstler und Kunstformen in einer ungewöhnlichen, inspirierenden Umgebung wie hier in der Willner Brauerei.
Mit der ersten „Edition“ von Plusone haben Clara und ich in den letzten 7 Monaten ein wunderbares Konzept eines leuchtenden Irrgartens aus Regenschirmen konzipiert. Die Ausstellungsräume werden neu erfunden und zur Spielwiese kreativer Denkanstöße. Somit werden die Räume nicht nur als einfache Ausstellungsfläche genutzt, sondern mit in das Kunsterlebnis eingebaut.
Feuilletonscout: Labyrinth Of Lies zeigt Werke des Londoner Künstler-Duos The Conner Brothers, die auch schon mit Pussy Riot gearbeitet haben, in Zusammenarbeit mit dem Berliner Künstler Sven Sauer. Wie kam es zu dieser Kooperation?
Verena Schneider: Die Connor Brothers hatten Ihre erste Ausstellung in Deutschland überhaupt in Neu Ulm in der Venet Haus Galerie und waren dort außergewöhnlich erfolgreich. Der initiale Kontakt entstand in London auf der London art fair, auf der wir Standnachbarn waren und uns so kennenlernten. Ich habe sofort gemerkt, dass der Stil und die Arbeiten der Connor Brothers Berlin elektrisieren würden können. Ihre Ausstellung in Neu Ulm trug den Titel „This Is A Lie“ und dieses Konzept aus der Wechselwirkung zwischen Wahrheit und Lüge, zwischen Fiktion und Phantasie wurde auch auf das Konzept „Labyrinth of Lies“ Show hier übertragen. Sven Sauer passt thematisch hervorragend zu den Connor Brothers, da auch seine Werke von Maskierung und Demaskierung, von Protest und Unwahrheit handeln und wir denken, dass – gerade in der derzeitigen Weltsituation – die Thematik gar nicht aktueller sein könnte.
Clara Cremer:Verena kam auf mich zu, weil sie mit dem Konzept PlusOne eine erste Episode in Berlin und dem Künstlerduo The Connor Brothers starten wollte. Ich war sofort begeistert und folglich am Zug den passenden Berliner Künstler dafür zu finden, der thematisch, als auch von der Denkweise und Lust eine Ausstellung außergewöhnlich zu gestalten, passte. Für mich war Sven Sauer da das Perfect Match und folglich entwarfen wir „Labyrinth of Lies“
Feuilletonscout: Was bedeutet der Titel?
Clara Cremer:Der Titel enthält verschiedene Aspekte. Erst einmal setzen sich beide Künstler mit Medienlügen auseinander, mit dem Spannungsfeld zwischen Wahrheit und Verfälschung und den Bereichen dazwischen. Es ist heutzutage nicht leicht zu wissen, wo es lang geht, welcher Weg oder Meinung die richtige ist. Jeder von uns muss sich tagtäglich der Herausforderung stellen, Stellung zu beziehen und landet dennoch manchmal in einer Sackgasse. Die Arbeiten der Connor Brothers und (auf eine ganz andere Art und Weise) von Sven Sauer hinterfragen die Wahrheiten in unseren und ihren Köpfen.
Verena Schneider:Die Frage nach Wahrheit und der Umgang mit dieser ist definitiv einer der wichtigsten Aspekte bei „Labyrinth of Lies“. Sven Sauer beschäftigt sich mit der unbewussten Transformation von Wahrheiten in den Medien und dessen Folgen. Er misstraut den Bildern, die wir täglich um uns herum haben. Die Connor Brothers spielen mit diesem Misstrauen und schiften zwischen Fiktion und realem Leben.
Deshalb besteht das Labyrinth bei uns aus schwarzen und aus bunten Schirmen, die einerseits einen Schutzraum darstellen und andererseits aber auch symbolischen Waffe bei die Umbrella-Revolution gelten, welche auf einen Protest 2014 in HongKong verweist.
Clara Cremer: Ein Labyrinth lässt einen im Ungewissen und fordert dennoch einen mutigen Schritt weiter zu gehen, Umwege in Kauf zu nehmen und dennoch das Ziel zu verfolgen, die Wahrheit zu finden. Bei all den Nachrichten jeden Tag, weiß man oft nicht, wem man noch glauben soll und welche Titel nur unsere Aufmerksamkeit schüren wollen oder wirklich Substanz haben…
Feuilletonscout: Wie sind Sie an die Aufgabe herangegangen, die Ausstellung zu gestalten?
Clara Cremer: Wir haben uns intensiv mit der Thematik beschäftigt und wollten Kunst und dessen thematische Relevanz spürbar und erfahrbar für den Besucher machen. Die Idee ein Labyrinth zu schaffen, um immer wieder aufs Neue mit dem nicht-vorhersehbaren, dem unkalkulierbarem zu begegnen, kam auf. Ausgehend davon und in intensiver Auseinandersetzung mit den Werken der Künstler und den historischen Hintergründen vieler „Medienlügen“ und Protesten, wurden die Schirme als „Wand“ des Labyrinths konzipiert.
Feuilletonscout: Was ist das Ziel der Ausstellung? Was sollen die Besucher mitnehmen?
Verena Schneider: Zunächst einmal die großartige Atmosphäre spüren und erleben. Den Grat zwischen Realität und Fiktionen erleben, einzutauchen in fake news und echte Protestbewegung, wie wir sie weltweit im Moment ganz real erleben. Die Besucher sollen gleichzeitig erschreckt und erheitert werden, die Welt der Medien, den Lügen und Protesten spüren. Sich für ein paar Momente in der Kunstwelt verlieren und das Erlebnis der düsteren bedrohlichen Masken der übergroßen anonymisierten Demonstranten in Kontrast zu den markigen Sprüchen und der gleichsam provokanten Kunst der Connor Brothers wirken lassen.
Clara Cremer:Unser Ziel ist es Kunst neu erfahrbar zu machen, indem wir den Besucher näher an die Thematik führen, als es je ein Ausstellungsheftchen oder ellenlange Texte tun könnten – indem er die Relevanz spürt und aus dem Erlebnis vor Ort die Kunstwerke subjektiv auflädt. Wir möchten dem Besucher das Gefühl geben, selbst in dieser Welt von Medienlügen und Protestbewegungen, die so sehr die Wahrheit fordern und dennoch sich selbst dabei manchmal zu übergehen scheinen, zu sein. Das warme, wohlige Licht der Schirme des Labyrinths werden dazu Trugschluss.
Durch die Erfahrung vor Ort mit den Werken, nimmt der Besucher hoffentlich eine überdimensionale, überraschende Lust auf Kunst mit.