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THE DARK ROOMS – AUSSTELLUNG IN

DUNKLEN RÄUMEN

 

INTERVIEW  mit URSZULA USAKOWSKA-WOLFF

 

The Dark Rooms« ist eine kurzlebige Ausstellung, die langfristige Folgen haben soll. Sie wird am 3. September 2016 in der ehemaligen Willner-Brauerei eröffnet. Auf einer Fläche von 1500 Quadratmetern werden dort elf Arbeiten von elf internationalen Künstlern gezeigt. Der Titel ist kein Zufall, denn die Ausstellungsräume werden wirklich ganz schön dunkel sein. Nichts oder ganz wenig wird von den spärlich beleuchteten Kunstwerken ablenken. »Wir müssen es schaf-fen, den Focus wieder auf die Kunst zu richten«, sagt Clara Cremer, die zum fünfköpfigen Team gehört, das seit einem halben Jahr »The Dark Rooms« vorbereitet. »Wir hoffen, dass nach dem Besuch der Ausstellung viele Leute ihre Kunstwahrnehmung ändern werden. Wenn das gelingt, haben wir schon viel erreicht.«

 

The Dark Rooms« heißt die Ausstellung, die am 3. September in der Willner Brauerei im Prenz-lauer Berg präsentiert wird. Das Besondere an dieser Schau ist: Sie findet in der Dunkelheit statt. Warum?

Die Dunkelheit dient in unserem Fall dem Zweck, dass sich das Publikum ganz auf die Kunst ein-stellen und sie in aller Ruhe und durch nichts abgelenkt genießen kann. Das geht, wie wir meinen, am besten im Dunkeln. Diese Ausstellung soll ein emanzipatorischer Akt sein: Wenn wir uns das heutige Kunstgeschehen ansehen, so geht es dabei vor allem um hochgeschätzte Namen und hohe Summen. Und uns geht es darum, dass die Kunst wieder im Mittelpunkt steht.

 

Wenn man das Geschehen in Berlin beobachtet, entsteht der Eindruck, dass gerade die Kunst im Mittelpunkt des Interesses vieler Menschen steht. Es gibt fast jeden Abend zahlreiche Kunst-events, die vom Publikum überrannt werden. Es gehört sich, möglichst überall dabei zu sein. Was für einen Sinn hat es, Kunst in der Dunkelheit zu betrachten? Kommt sie dann besser zur Geltung?

 

Auf die Dunkelheit sind wir gekommen, weil sie der Gegensatz zum obligatorischen White Cube ist. Alle Galerien haben perfekt weiße Räume. Das ist das eine. Zum anderen haben wir uns ge-dacht: Wir müssen aus diesen Kunstevents wie Gallery Weekend und Berlin Art Week, aus diesem Art-Events-Wahn raus, und wir müssen es schaffen, den Focus wieder auf die Kunst zu richten, denn es ist wirklich so, dass die Leute von einer Ausstellungseröffnung zur anderen hetzen, aber sie haben keine Ruhe, sich auf die Kunst einzulassen, und sie haben in Wirklichkeit auch kein Inter-esse an der Kunst. Das Wichtigste für sie ist es, ein Foto von dem Event, bei dem sie dabei sind, aufs Facebook zu posten. Das wird es in der Ausstellung »The Dark Rooms« nicht geben, weil da nicht fotografiert werden darf. Die Leute werden durch einen Tunnel in die Ausstellung gehen, sie werden angewiesen, wie sie sich bewegen und dass sie Ruhe bewahren sollen, sie werden Erklä-rungen zu den einzelnen Kunstwerken kriegen. Das wird spannend sein, denn bei der Kunst haben wir einen totalen Mix: 3D-Installationen mit Licht, Soundinstallationen, Bilder, Skulpturen, also ganz verschiedene Materialien, sodass das Publikum sich dort auf eine kleine Reise begeben kann. Die Augen werden sich langsam an die Dunkelheit gewöhnen und die Leute werden zu unsichtba-ren Beobachtern.

 

Wieso finden »The Dark Rooms« gerade in der Willner Brauerei statt? Gibt es dort besonders

viele dunkle Räume?

Es war sehr schwer, eine passende Location zu finden, denn es gibt in Berlin sehr wenige leere Ge-bäude, die für temporäre Ausstellungsprojekte genutzt werden können. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir die Schau in der Willner Brauerei machen können. Es ist ein Riesenareal, die ehema-lige Brauerei nimmt fünf Stockwerke ein, dort gibt es elf Räume. Sie werden abgedunkelt, wobei eine Etage fensterlos und der Keller dunkel ist. Es war für uns interessant zu erfahren: Wie wird sich der Künstler in der Dunkelheit mit seinem Werk auseinandersetzten? Wenn er zum Beispiel eine Skulptur hat, die drei Meter groß ist, und er zur Beleuchtung nur fünf Spots hat, da muss er sich genau überlegen, wie er sie mit einem Minimum an Licht maximal zur Geltung bringen kann.

 

Die Ausstellung »The Dark Rooms« wird am 3. September eröffnet. Wie lange wird sie dauern?Von 16 bis 22 Uhr: Die Ausstellung kann nur in diesen sechs Stunden besichtigt werden. Die Künstler werden sich erst einen Tag vorher mit der Location vertraut machen können. Sie haben bisher nur die Pläne gesehen, aber im Innern der Willner Brauerei waren sie nicht.

 

 

Das Besondere an »The Dark Rooms« sind auch die Tickets: Sie sind zwar kostenlos, müssen aber auf der Website der Ausstellung bestellt werden. Was für einen Sinn hat diese Aktion?Zum einen sind die Kapazitäten der Ausstellung begrenzt, deshalb haben wir dreitausend Tickets gedruckt. Es ist wahr, dass sie kostenlos sind, doch man muss sich schon etwas bemühen, um an sie heranzukommen. Man muss auf unsere Website gehen, seine Adresse eintragen, das ist für viele schon die erste Hürde. Der Sinn der Ticketaktion ist: Wir wollen, dass die Leute es wertschätzen, auf diese Weise unsere Ausstellung besuchen zu können. An diejenigen, die sich registriert haben, verschicken wir die Tickets per Post. Obwohl wir noch keine Werbekampagne gestartet haben, ist das Interesse an der Ausstellung und an den Tickets sehr groß: Fast alle Tickets sind bereits ver-griffen, die letzten werden am 19. August verlost. Und die Ausstellung kann nur mit einem Ticket besucht werden, wer keins hat, kommt nicht rein. Weil das Ticket ja für zwei Personen gilt, muss man sich genau überlegen, wen man mitnehmen soll. So wird ein Publikum kreiert, das ein wirkli-ches Interesse an der künstlerischen Auseinandersetzung hat.

 

Wie soll das gehen, wenn die Ausstellung nur an einem Tag, genauer: an sechs Stunden eines Ta-ges, besichtigt werden kann? Bisher sieht es so aus, dass Sie mit »The Dark Rooms« tatsächlich ins Schwarze getroffen haben, aber was passiert, nachdem die Schau abgebaut wird?

Wie gesagt: Obwohl wir bisher so gut wie keine Werbung für die Ausstellung gemacht haben, in-teressieren sich zum Beispiel allein auf unserer Facebook-Seite über 12.000 Leute dafür. Wir hof-fen, dass nach dem Besuch der Ausstellung viele Leute ihre Kunstwahrnehmung ändern werden. Natürlich werden die ausgestellten Arbeiten auch verkauft, doch wenn es uns gelingt, eine Inter-essengemeinschaft zu schaffen, die auf das Wesentliche zurückgeführt wird, sodass sie sich voll und ganz auf ein Kunstwerk einlassen, das heißt es richtig wahrnehmen kann, haben wir, glaube ich, schon viel erreicht.

 

 

Text © Urszula Usakowska-Wolff, VG Wort

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